Donnerstag, 6. September 2012

Bald vollendet!


 am 4.September ist es wieder einmal soweit: Herr Roters vom kirchlichen Bauamt und Bauleiter Müller von den Bamberger Natursteinewerken nehmen mich mit auf das Gerüst (im Bild Steinmetz Christel), und ich sehe nicht nur, wie weit fortgeschritten die Renovierung mittlerweile ist, sonder lerne auch eine Menge Neues über das Wie und Warum der Vorgehensweise.

Noch bevor ich hinaufklettere, fallen mir sogleich die neugeschnittenen Ornamente rechts und links vom Portal ins Auge.
Nun sind sie wieder da in voller Schönheit  !
Fast sind sie ein bisschen zu schön - 
so niegelnagelneu wirken sie noch etwas fremd an dem alten Kirchlein.
Man wünscht ihnen ein bisschen Patina, 
damit sie sich ins Gesamtbild besser einfügen. 
Aber dafür werden Wind und Wetter ohnehin bald sorgen.

Wir beginnen die Besichtigung in luftiger Höhe: 
Hier ist sie - die nachgebildete Vase, 
die jene ersetzt, die nicht mehr zu retten war.
Auch sie sieht fast ein wenig zu perfekt aus. 

So sieht eine gereinigte und restaurierte alte Vase aus.
Irgendwie "echter"...

 Nachdem ich beinahe ein wenig enttäuscht war über das allzu perfekte Aussehen der neu gestalteten Elemente (aber wie sollte das anders sein), kommen wir nun zu unsrer Muttergottes. 
Mein erster Gedanke: 
Was - die soll schon fertig sein ?
Nein - fertig ist sie noch nicht ganz. 
Aber wenn ich sie genau anschaue, ist einfach wieder alles da, was gefehlt hat!
Sie hat wieder eine Nase - und eine recht prägnante dazu! 

Allerdings ist das grelle Sonnenlicht und der starke Schatten vom Gerüst für ein Portraitfoto nicht gerade ideal. 
Es rückt das Antlitz der Madonna in ein etwas unvorteilhaftes Licht.

Ich erfahre, das hier mit der Restauration sehr behutsam vorgegangen wurde.
Es sollte ja nicht eine neue Figur geschaffen werden,
sondern die alte so gut als möglich erhalten und wieder hergestellt. 
Dabei hat man lose Teile abgetragen und Risse geschlossen, 
fehlende Teile ergänzt und angetragen und 
alle Konturen wieder sauber herausgearbeitet.
Hier also - die Patina bleibt erhalten, 
es steht nicht eine fremde neue Muttergottes an Stelle der alten, 
sondern das Original sieht sich selber wieder ähnlich. 
Was noch fehlt, sind die metallenen Ornamente. 
Der Sternenkranz um ihr Haupt und die goldene Lilie sind zur Zeit noch beim Kunstschmied, der sie wieder in Stand setzt und neu vergoldet.
 die Hand ist wieder in der Lage, die Lilie zu halten,
die Falten des Gewandes sind klar konturiert,
und siehe da, die modische Madonna trägt Flipflops!
 Bei dieser Beleuchtung ist es nicht gut zu erkennen - 
aber es handelt sich eindeutig um Zehensandalen. 
Die trug sie schon immer, aber jetzt sind sie wieder gut zu sehen. 
Hoffentlich bekommt sie im Winter nicht allzu kalte Füße...
 der Lindwurm schaut mit einem grimmigen Gesicht unter ihrem Fuß hervor!

 Hier ist etwas noch in Arbeit, wie man sieht.
Was passiert hier?
Die mit leichtem Gefälle versehenen Platten sorgen dafür,
dass der Regen abläuft.
Damit der Mörtel nicht ausgewaschen wird,
werden die Fugen mit Bleiwolle verfüllt.
Das sieht aus wie Lametta. 
Es allerdings nicht sehr gesund, damit zu arbeiten. Wenn man Bleistaub einatmet oder über die Haut aufnimmt, reichert es sich im Organismus an und führt zu Vergiftungserscheinungen bis hin zu schwerer Erkrankung.
Der Umgang damit muss also mit aller Vorsicht erfolgen.
Die Bleiwolle wird in die Fugen gestopft und dann mit einem Hammer verdichtet. Da Blei sehr weich und verformbar ist, entstehen so glatte, aber elastische Fugen, die sehr haltbar sind.

 etwas irritiert habe ich wohl schon geschaut, als ich diese Fläche sah.
Das sieht ja ganz scheckig aus ?
Deutlich kann man einen sauber eingefügten Stein sehen.
Daneben aber wurde ein alter Stein nur "zurückgearbeitet", was soviel heißt, dass lose und absandende Teile entfernt und die Fläche danach geschliffen wurde. Es ergeben sich dadurch manchmal nicht völlig geglättete und nicht exakt in der Ebene liegende Flächen.
Das ist nicht Schlamperei, sondern Bewahrung des historische "Gewachsenen".
Immer wieder hat das Denkmalamt ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

 Und hier? Wurde da mit Mörtel gekleckert ?
Oh nein - die Bamberger Steinmetze verstehen ihr Handwerk durchaus.
Vielmehr zeigt sich, dass auch in der Erbauerzeit, im Barock, nur mit Wasser gekocht wurde - ja manchmal mit Billiglösungen gearbeitet und auch gepfuscht.
Der Stein, aus dem die Fassade gearbeitet ist, hat tatsächlich helle Schichten. Schleift man nun schadhaft gewordene Flächen ab, 
legt man die darunter liegende Gesteinsschicht frei. 
Und die ist tatsächlich stellenweise weiß !
 auch an den ovalen Fenstergesimsen ist dieses Phänomen zu beobachten.
Hier wurden gleichmäßig gefärbte Steine verwendet.
Daher sieht der abgeschliffene Stein ebenmäßig aus.
 Auch das Seitenportal ist nun an die Reihe gekommen.
Der Sockel wurde abgeschliffen, die schadhaften Türpfeiler ersetzt.
  Hoppla! Das passt ja nicht aufeinander !
Was ist das? 
Tja - hier haben die Erbauer nicht genau gearbeitet - 
oder es hat sich im Laufe der Zeit der Rahmen etwas geneigt. 
Jedenfalls konnte das jetzt nicht korrigiert werden - und sollte wohl auch nicht, 
denn so eine alte Kirche ist ähnlich wie ein alter Mensch:
Da gibt es Narben und Alterspigmente, Verwachsungen und 
andere kleine Schönheitsfehler, die sich im Laufe der Zeit einstellen. 
Und das soll eben auch nicht alles retuschiert werden.
 
Das sieht man auch hier. 
Es wird alles so bearbeitet, dass es vor dem weiteren Verfall weitgehend geschützt ist. Es wird aber nicht alles komplett neu gemacht.
Bei der letzten Renovierung hatte man hier Beton verwendet, 
um die Mauer von unten trockenzulegen. 
Das hat erstens nicht funktioniert, und zweitens sah es unschön aus.
Nun wird hier Sandstein eingesetzt.
Auch die runden Löcher (die mit Sandsteinmasse verfüllt werden), 
dienen der Drainage.
Der Maler und Verputzer steht schon bereit:
Hier hat er schon Putzproben angebracht, um zu prüfen, 
welche Mischung am besten haftet.

Die Begehung war hochinteressant ! 
Ohne Erläuterung wäre ich manchmal etwas enttäuscht gewesen. 
Aber als Herr Roters dies bemerkt, meint er, die Erbauer hätten ohne Zweifel nie damit gerechnet, dass ihre Kirche nach über 250 Jahren 
immer noch steht und sogar erneuert wird. 
Und wir wollen kein "Disneyland", wo statt der alten nun eine neue Fassade entsteht, sondern die Restaurierung des Ursprünglichen. 
Da muss man auch mit Unebenheiten leben können.
Vielleicht hat so mancher gedacht, da kommt noch Farbe drauf, 
und nachher sieht es alles ganz gleichmäßig sandsteinbraun aus.
Solche Erwartungen werden enttäuscht werden. 
Das ist keineswegs beabsichtigt.
Es wäre auch eine fatale Idee, den Sandstein mit Farbe zu überziehen.
Das würde in kürzester Zeit wieder abblättern, 
und wäre weiterer "Pfusch am Bau", den es zu vermeiden gilt.
Nun kommt noch der Blechner und Dachdecker, 
sowie der Verputzer und Maler, 
der die Flächen zwischen dem Sandstein erneuert.
Das wird natürlich sehr wesentlich dazu beitragen, 
dass die Kirche am Ende ein einheitliches Gesicht wiederbekommt.